Kann eine gute Website auch barrierefrei sein?

Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) sind ein weltweit akzeptierter Standard für die Gestaltung von barrierefreiem Webcontent.


Peter Wyss
Geschäftsführung, Marketing, Beratung

Darum gehts

  • Barrierefreie Websites
  • Richtlinien
  • Zusammenspiel Accessibility, Usability und User Experience
  • Anforderungen an eine barrierefreie Website
  • eCH-0059 - Accessibility Standard
  • Ausblick
  • Schlussfolgerung

Lesezeit: 3 Minuten

Barrierefreiheit / Accessibility

Das Thema "Barrierefreiheit" betrifft nicht nur Websites, sondern ist in verschiedenen Bereichen des alltäglichen Lebens mindestens ebenso wichtig.

Dieser Beitrag bezieht sich ausschliesslich aber nicht abschliessend auf Applikationen im Internet: Websites, eShops und (Web-) Apps.

Überschrift

Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) sind ein weltweit akzeptierter Standard für die Gestaltung von barrierefreiem Webcontent. WCAG wurde vom World Wide Web Consortium (W3C) entwickelt und enthält detaillierte Empfehlungen um Websites, Webanwendungen und andere digitalisierte Inhalte für alle zugänglicher zu machen. Die Anforderungen sind von "grundlegend" bis "fortgeschritten" eingeteilt (Stufen: A, AA bis AAA).

In der Schweiz über nimmt die Stiftung "Zugang für alle" (Access for all die Zertifizierung von barrierefreien Websites.

Zusammenspiel

Im Zusammenhang mit Internet-Anwendungen werden die Begriffe Acessibility, Usability und User Experience oft genannt. Die drei Themen sind eng miteinander verbunden und spielen eine wichtige Rolle in der Erarbeitung einer erfolgreichen Website.

Accessibility: bezieht sich auf die Anforderung, dass Alle Menschen die Website nutzen können; unabhängig von körperlichen oder kognitiven Einschränkungen.

Usability: Die Gebrauchstauglichkeit geht über die uneingeschränkte Nutzung hinaus und bezieht sich auf intuitiv und effizient bedienbare Websites.

User Experience (UX): Der Begriff bezieht sich auf das gesamte Erlebnis und Gefühl, das ein Nutzer beim Besuch einer Website erlebt. Eine gute UX beinhaltet nebst Accessibility und Usability auch Aspekte wie Ladezeiten, personalisierte Inhalte und Ästhetik (Design).

Anforderungen

Die Anforderungen an eine barrierefreie Website sind hoch und berücksichtigen Einschränkungen und Behinderungen in folgenden Bereichen:

  • Bewegungsbeeinträchtigungen: eingeschränkte Motorik

  • Sehbehinderungen: vollständige oder teilweise Blindheit, Farbblindheit oder geringe(re) Sehstärke.

  • Hörbehinderungen: vollständige oder teilweise Taubheit

  • Kognitive Einschränkungen: Lernschwierigkeiten, Aufmerksamkeitsstörungen

  • Temporäre Einschränkungen: zum Beispiel durch eine verletzte Hand, etc.
Icons für Bewegungsbeeinträchtigungen, Sehbehinderungen, Hörrbehinderungen, Kognitive Einschränkungen
Icons für Bewegungsbeeinträchtigungen, Sehbehinderungen, Hörrbehinderungen, Kognitive Einschränkungen

Dabei geht es nicht alleine um die Website als Anwendung (im technischen Sinne), sondern auch um die Präsentation der Inhalte.
So sind folgende Schwerpunkte zu berücksichtigen:

Navigation: Das Rückgrat einer Website ist eine gute, übersichtliche und logisch aufgebaute Navigation. Grosse, lesbare Menüpunkte und eine logisch aufgebaute Struktur helfen – nicht nur Personen mit Einschränkungen – den gesuchten Inhalt schnell aufzufinden. Die von Beginn an gute Informationsstruktur einer Website ist ausserdem auch im Zusammenhang mit SEO hilfreich.

Farbkontraste: Nebst einem guten Benutzererlebnis helfen Farben auch, sich auf der Website zu orientieren. Um eine gute Lesbarkeit sicherzustellen ist ein starker Kontrast zwischen Text und Hintergrund erforderlich. Die grössten Hürden hier sind oft durch die vorhandenen CI / CD – Manuals eines Unternehmens gegeben. Da in den meisten Unternehmen das CI /CD den Webauftritt kaum korrekt berücksichtigt kann die längst fällige Anpassung endlich mit guten Argumenten erfolgen.

Textformatierung: Nebst einer gut lesbaren Schriftart, ansprechenden Schriftgrössen ist hier ausserdem darauf zu achten, dass die Inhalte strukturiert aufgeführt sind. Insbesondere Screenreaders, welche stark Sehbehinderten die Site "vorlesen", haben es so deutlich einfacher, durch Artikel zu navigieren.
ALT-Text: Nebst einer hohen SEO-Relevanz sind Alternativtexte (ALT-Texte) bei Bildern zwingend. Dabei soll das Bild mit dem ALT-Text "ausführlich" beschrieben werden was es darstellt.

Videos: Untertitel bei Videos helfen hörgeschädigten Personen den Inhalt zu verstehen. Dabei dürfen/sollen auch Hintergrundgeräusche oder relevante Toneffekte kurz beschrieben werden; z.B.: [seufzt] oder [Wellengeräusch im Hintergrund]. Für Personen mit eingeschränktem Sehvermögen kann auch eine Audiobeschreibung hilfreich sein.

Audio: Podcasts stellen für Hörbehinderte eine grosse Herausforderung dar. Transskripte, welche nebst dem gesprochenen Inhalt auch Umgebungsgeräusche, Stimmungsänderungen und Soundeffekte beschreiben helfen diesen Personen den Inhalt zu verstehen.

Dokumente: Alle publizierten Dokumente müssen barrierefrei sein.

Inhalte: Klare, verständliche Texte gehören ebenfalls zum Thema Barrierefreiheit.

Aus technischer Sicht müssen Steuerelemente für die Wiedergabe barrierefrei entwickelt sein. Verständliche Symbole und die Bedienung mit der Tastatur erleichtern das Handling erheblich.

eCH-0059 – Accessibility Standard

In der Schweiz regelt das Werk "eCH-0059 – Accessibility Standard, Version 3.0" als e-Government-Standards für das Gemeinwesen. Der Standard wurde entwickelt aufgrund

  • der diversen staatlichen und gesetzlichen Rahmenbedingungen
  • der WCAG-Standards

Der Standard ist konform mit

  • der Strategie Digitale Schweiz
  • der eGovernment-Strategie Schweiz
  • der eGovernment-Deklaration von Tallinn
  • der Richtlinie (EU) 2016/2102 des Europäischen Parlaments und es Rates

Nebst den bereits erwähnten Anforderungen legt der Accesibility-Standard ausserdem auch fest, dass für "Zentrale Lebens- bzw. Informationsbereiche" die Inhalte in "Leichter Sprache" und in Form von Gebärdensprache zur Verfügung stehen müssen.

Ausblick

Der European Accessibility Act verpflichtet Unternehmen mit mehr als 10 Mitarbeitenden ab 2025 ebenfalls Produkte und Dienstleistungen barrierefrei und nutzerfreundlich zu gestalten. Pro EU-Mitgliedsland sichert eine Überwachungsbehörde die Kontrolle der Umsetzung.

Fazit

Es ist davon auszugehen, dass die Schweiz dem " European Accessibility Act" ebenfalls folgen wird.

Die Herausforderungen eine barrierefreie Website zu erstellen sind erheblich. 

In der Regel ist eine barrierefreie Website auch eine gute Website. 

Sie ist gut strukturiert, leicht zu navigieren und bietet einen guten Inhalt. In der Schweiz leben rund 1.7 Millionen Personen mit einer der erwähnten Einschränkungen.

Die barrierefreie Site wird mindestens bei diesem Publikum dafür sorgen, dass der Site-Betreiber eine erhöhte Reputation erhält. Eine barrierefreie Website erschliesst so neue Kunden aus einem Kreis, der bisher kaum die Chance hatte die Inhalte korrekt zu "konsumieren".

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