Regelt sich die EU ins Abseits?

Mit dem "Digital Services Act" geht die EU schärfer gegen illegale Inhalte im Internet vor. Der DSA ist Teil der EU-Strategie.


Peter Wyss
Geschäftsführung, Marketing, Beratung

Darum gehts

  • Geht die Europäische Gesetzgebung für die digitalen Lebensbereich zu weit?
  • Wirken sich diese Gesetze und Vorschriften wirtschaftlich negativ aus?
  • Inwieweit sind Schweizer Unternehmen betroffen?

Lesezeit: 7 Min.

Regelt sich die EU ins Abseits?

Im Europäischen Raum hagelt es Verordnungen für die digitalen Lebensbereiche. Mit der Einführung der DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung, Mai 2018), dem Gesetz über Digitale Märkte (Digital Markets Act [DMA], Mai 2023) dem Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act [DSA], Februar 2024) und der geplanten Einführung des European Accessibility ACT (EAA, 2025) werden Plattform-, eCommerce-, Site- und Hosting-Betreiber mehr und mehr zu benutzergerechten und rechtlich konformen Auftritten "gezwungen".

DSGVO

Die Datenschutz-Grundverordnung schützt in erster Linie personenbezogene Daten – das revidierte DSG (Datenschutzgesetz) der Schweiz orientiert sich stark an dem europäischen Pendant.

Bussen für Ordnungswidrigkeiten sind auf 5 bis 20 Millionen Euro oder bis zu vier Prozent des weltweiten Jahresumsatzes festgelegt.

DMA

Der Digital Markets Act sieht vor, dass Konzerne welche mindestens eine Plattform kontrollieren als digitale "Torwächter" gelten. 

Torwächter wie Amazon oder Apple dürfen eigene Produkte und Dienstleistungen nicht mehr bevorzugen. Messaging-Dienste wie WhatsApp oder Signal müssen Nachrichten an Benutzer anderer Dienste erlauben. Benutzer dürfen nicht daran gehindert werden, sich an Anbieter ausserhalb der Plattform zu wenden und auch nicht Software und Apps zu deinstallieren. Personalisierte Werbung ist nur mit Zustimmung des Nutzers erlaubt.

Verstösst ein "Torwächter" gegen diese Vorgaben, kann eine Busse bis zu 20 Prozent des Jahresumsatzes verhängt werden.

DSA

Der Digital Services Act wurde vor kurzem für grössten Unternehmungen eingeführt und verfolgt zwei Hauptziele:

  1. Schutz der Benutzer vor illegalen und schädlichen Inhalten
  2. Erhöhen der Verantwortung für Betreiber von Plattformen, eCommerce, Sites, Apps, etc.

Die Pflichten für die Betreiber sind umfassend:

  • Raschestmögliche Entfernung von illegalen Inhalten, Hassreden, Kinderpornografie oder Gewaltdarstellungen
  • Bereitstellung von Informationen für die Benutzer hinsichtlich Algorithmen und Praktiken
  • Periodische Berichterstattung an die Behörden zu den getroffenen Massnahmen bezüglich der Einhaltung der DSA

Der Digital Services Act betrifft heute erst Plattformen, welche mehr als 45 Millionen Benutzer pro Monat verzeichnen. Ab Februar 2024 werden jedoch auch kleinere Unternehmen für die Einhaltung dieser Regelungen verpflichtet sein.

Werden die Vorgaben nicht eingehalten, so droht den Konzernen eine Strafe von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes! Ab Februar 2024 gilt die DSA auch für kleinere Digitalunternehmen.

EAA

Der European Accessibility Act verpflichtet Unternehmen mit mehr als 10 Mitarbeitenden ab 2025 ebenfalls Produkte und Dienstleistungen barrierefrei und nutzerfreundlich zu gestalten.

Sicherheit im Binnenmarkt

Die aufgeführten Regelungen betreffen den Binnenmarkt Europa. So stellt sich letztendlich die Frage, ob das Surfen auf Plattformen in den USA weniger sicher ist.
Auf der einen Seite haben die EU und die USA beide Gesetze und Vorschriften, die den digitalen Raum regeln. Auf der anderen Seite gibt es auch einige wichtige Unterschiede zwischen dem digitalen Raum in der EU und den USA.

  • Ein wichtiger Unterschied ist, dass die EU einen stärkeren Fokus auf den Schutz der Privatsphäre der Nutzer hat. 
  • Ein weiterer wichtiger Unterschied ist, dass die EU einen stärkeren Fokus auf die Regulierung der grossen Technologieunternehmen hat. Dies zeigt sich zum Beispiel im Digital Markets Act (DMA), der die Marktmacht dieser Plattformbetreiber begrenzen soll.

Die USA hingegen sind weltweit führend in der Cybersicherheit, legen aber weniger wert auf den Schutz personenbezogener Daten.

Es ist schwierig zu definieren, ob der digitale Raum in der EU sicherer ist als in den USA; eine Bewertung hängt von den gewählten Kriterien ab.

Zu viel Bürokratie?

Kritiker der Gesetze und Vorschriften in der EU bemängeln, dass diese zu komplex und zu bürokratisch sind und möglicherweise Innovationen im digitalen Raum behindern. Sie sind der Meinung, dass durch diese Auflagen innovative Technologieunternehmen die USA und andere Länder als Standorte vorziehen.

Befürworter hingegen argumentieren, dass so der digitale Raum innerhalb der EU sicherer und fairer sei und weisen darauf hin, dass die EU mit diesen Auflagen weltweit führend in der digitalen Regulierung ist.

Und einem kleinen Teil der EU-Parlamentarier gehen die Gesetze und Regelungen immer noch zu wenig weit.

Sonderfall Schweiz

Sofern ein Unternehmen aus der Schweiz (mit Standort Schweiz) seine Dienste in der EU anbietet greifen diese Gesetze und Vorschriften auch für diese Unternehmen. 

Damit ist klar, dass ein Grossteil der Schweizer Unternehmen von diesen Auflagen betroffen ist.

Genug geregelt?

Seit rund 30 Jahren gibt es nun das Internet. Das Medium regt seitdem die Kreativität und Energie der Menschen an – leider nicht nur die positiven, sondern auch die negativen Ideen. 

Die Weiterentwicklung der Dienste und Services über das Internet ist rasant. Damit stellt sich die Frage, ob die Gesetze und Vorschriften nicht immer den Ideen ein paar Schritte hinterherhinken.

Sicher ist, der European Accessibility Act ist notwendig und geht in die richtige Richtung.

Ob die EU sich mit diesen Gesetzen und Vorschriften ins Abseits regelt, ist eine Frage, die sich erst in der Zukunft beantworten lässt. Bisher hat der Binnenmarkt Europa mit Innovationen nicht besonders geglänzt – die USA hingegen schon (Google, Facebook, Amazon, etc.). 

Inwieweit die Gesetze Innovation fördern oder verhindern ist vollkommen offen.

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